Adressbuchgewerbe

Formular-, Rechnungs- und Registerschwindel

 


Jedes Jahr passiert es in tausenden von Fällen: Unternehmen aller Größen und aller Branchen erhalten offiziell aufgemachte Formulare und unterschreiben sie. Kurze Zeit später wird die Zahlung von mehreren Hundert Euro aufgrund angeblich geschlossener Verträge gefordert. Die Betroffenen sind auf Briefe oder Faxe hereingefallen, die scheinbar von einer öffentlichen Stelle oder einem seriösen Unternehmen stammen.
Der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e.V. schätzt den potentiellen jährlichen Schaden, der durch diese versandten Schreiben entsteht, auf 376 Millionen Euro!
 ·         Vermeintliche Rechnungen nach einem Handelsregistereintrag
Viele Firmen, die in das Handelsregister eingetragen worden sind oder dort eine Änderung haben vornehmen lassen, erhalten kurz danach offiziell aussehende Schreiben. Sie ähneln zum Beispiel Briefen des Amtsgerichts und können Symbole wie den Bundesadler aufweisen. Die Absender nehmen dabei oftmals Bezug auf die Handelsregistereintragung und fordern die Empfänger auf, einen beigefügten Überweisungsträger auszufüllen oder die Richtigkeit der im Brief genannten Firmendaten mit Unterschrift zu bestätigen. Es handelt sich jedoch meist um versteckte Vertragsangebote für kostenpflichtige Eintragungen in Firmenverzeichnisse.
·         Offiziell aussehende Schreiben 
Häufig werden aufwendig gestaltete Vertragsangebote oder Scheinrechnungen für Eintragungen in Adressbücher, Branchenverzeichnisse, Online-Datenbanken, Marken- oder Patentregister verschickt. Kennzeichnend ist in diesen Fällen, dass die Schreiben den Eindruck erwecken können, von einer tatsächlich existierenden oder fiktiven Behörde wie z.B. dem Gewerbeamt, dem Deutschen Patent- und Markenamt oder einer europäischen Steuerbehörde zu stammen. Auf diesem Weg soll ebenfalls ein Vertragsschluss herbeigeführt werden.
·         Vermeintliche Anzeigenaufträge 
Bei einer anderen Variante erhalten Unternehmen, die zuvor einen Auftrag für eine Eintragung in ein Telefonbuch erteilt oder eine Zeitungsannonce aufgegeben haben, Rechnungen für vermeintliche Folgeaufträge oder andere Einträge, die tatsächlich nie in Auftrag gegeben wurden. Ebenso gibt es Fälle, in denen anscheinend Korrekturabzüge für bestehende Eintragungen in Adressbüchern oder Anzeigenaufträge versandt werden, es sich in Wirklichkeit aber um versteckte Vertragsangebote handelt.
·         Telefonanrufe oder Vertreterbesuche („Kölner Masche“) 
Eine weitere Variante ist die sog. Kölner Masche. Im Gegensatz zu den vorgenannten Vorgehensweisen erfolgen hier Anrufe oder Vertreterbesuche bei den betroffenen Unternehmen. Bei solchen Gesprächen wird versucht, Anzeigenaufträge zu erhalten, z.B. dadurch, dass auf eine angebliche Absprache mit einem Vorgesetzten oder Kollegen verwiesen wird oder es nur um eine Aktualisierung eines vorgeblich bereits bestehenden Anzeigenauftrages gehen soll.
Achtung: Mit dem sogenannten „Call ID Spoofing“ lässt sich die im Display angegebene Anrufernummer fälschen. So kann jede beliebige deutsche Festnetznummer angezeigt werden.
So schützen Sie sich
Sehen Sie sich jedes Schreiben genau an, das vor allem im Zusammenhang mit
  • der Anmeldung eines Gewerbes oder der Eintragung oder Änderung im Handelsregister,
  • einer Eintragung in einem Telefonbuch, Branchen- oder Internetverzeichnis,
  • einem Anzeigenauftrag,
  • der Einrichtung einer Homepage oder
  • der Anmeldung einer Marke oder eines Patents
bei Ihnen eingeht.
  • Seien Sie besonders vorsichtig, wenn ein Unternehmen einen deutschen Namen hat, aber sein Konto im Ausland führt (erkennbar an der IBAN).
  • Prüfen Sie auch Schreiben mit einer amtlichen Aufmachung, offiziell klingenden Bezeichnungen (z. B. „zentral“ oder „Register“) oder amtlichen Symbolen (z. B. „Europaflagge“ oder „Bundesadler“) gründlich darauf, ob sie wirklich von einer Behörde stammen.
  • Bezahlen Sie nur solche Rechnungen, bei denen Ihnen sicher bekannt ist, dass der Rechnungssteller tatsächlich von Ihnen Geld fordern darf.
  • Senden Sie keine „Korrekturabzüge" zurück, wenn Sie nicht eindeutig vorher einen Druckauftrag an den Absender erteilt haben.
  • Seien Sie vorsichtig, Anzeigen- oder andere Aufträge bei Vertretern abzuschließen, die unangekündigt in Ihrem Betrieb erscheinen oder sich auf ein angeblich mit einem Vorgesetzten oder Kollegen geführtes Gespräch berufen. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Unterschreiben Sie nichts, wenn Sie nicht in Ruhe das „Kleingedruckte“ prüfen können. Sie können solche Geschäfte, anders als Verbraucher, nicht widerrufen!
  • Lassen Sie sich bei zweifelhaften Rechnungen nicht durch Mahnungen oder Androhung von Inkassomaßnahmen unter Druck setzen. Reagieren Sie auf solche Schreiben dann unverzüglich, wenn ein ungewollter Vertragsschluss, z.B. durch Rücksendung eines Formulars, Unterschrift oder ähnliches in Betracht kommt.
  • Wenn Sie Zweifel über die Identität des Rechnungsstellers oder die Berechtigung der Forderung haben, wenden Sie sich an Ihre IHK.
  • Weisen Sie Ihre Mitarbeiter an, ebenfalls diese Grundsätze zu beachten. Nutzen Sie gerne unseren Flyer “VorsichtFalle!” zur Information.
Was können Sie tun, wenn Sie etwas unterschrieben haben, was Sie eigentlich nicht unterschreiben wollten?
  • Je nach Fallgestaltung kann es sein, dass trotz Unterschrift ein zahlungspflichtiger Vertrag gar nicht wirksam abgeschlossen wurde. So hat der Bundesgerichthof in einem Fall entschieden, dass die Zahlungsabrede derart in den Allgemeinen Vertragsbedingungen versteckt wurde, dass sie gar nicht Vertragsbestandteil wurde. Fechten Sie in jedem Fall die angeblich abgegebene Vertragserklärung sofort per Einwurfeinschreiben/Rückschein wegen arglistiger Täuschung und/oder Irrtums an. Erklären Sie gleichzeitig vorsorglich die Kündigung zum nächstmöglichen Termin für den Fall, dass es sich um einen Vertrag mit automatischer Laufzeitverlängerung handelt (ergibt sich aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen). Bewahren Sie eine Kopie Ihres Schreibens sowie den Rückschein auf.
  • Sollten Sie bereits gezahlt haben, können Sie das Geld zurückfordern. Voraussetzung hierfür ist, dass Sie Ihre Vertragserklärung wirksam angefochten haben oder ein Vertragsschluss gar nicht zustande gekommen ist (s. oben).
  • Wenden Sie sich an Ihre IHK. Diese kann Ihnen konkrete Tipps geben und den Vorfall dem Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität melden.